Einfach mal 'nen ordentlichen Thriller ansehen ohne viel Brimborium. Das wär' doch mal was. Nach der Lektüre des "Filmdienst" schien mir der neue Wes Craven geeignet zu sein. Also auf nach Bielefeld, da kann man dann danach vielleicht noch irgendwo sitzen ...
Lisa Reisert (Rachel McAdams) ist eine mustergültige Angestellte im Lux Atlantic Hotel, wo sie als Managerin arbeitet. Selbst als sie am Flughafen sitzt und auf ihren Rückflug nach Miami wartet und dieser immer wieder verschoben wird, verliert sie nicht die Ruhe, sondern gibt ihrer Vertreterin Cynthia (Jayma Mays) per Handy Tipps, um nörgelige Gäste ruhig zu stellen. Trotzdem kommt ihr der galante Jackson Rippner (Cillian Murphy) ganz gelegen, um die Wartezeit ein wenig zu verkürzen. Als sie schlußendlich tatsächlich den letzten Flug des Tages bekommt, ist sie ganz schön überrascht, dass ausgerechnet Jackson den Platz neben ihr bekommen hat. Eine Fügung des Schicksals, das ihr den jungen Mann zum Überwinden ihrer Flugangst geschickt hat?
So scheint es zunächst, Lisa erzählt viel von sich und ihrem Job, erfährt aber nichts von Jackson, bis dieser seinen Beruf preis gibt. Terrorismus, Auftragsmorde usw. ... Lisa hält es für einen Scherz, bis Jackson ihr das Portemonnaie ihres Vaters präsentiert und droht, diesen umzubringen, falls sie nicht umgehend einen wichtigen Gast ihres Hotels in ein bestimmtes Zimmer umbucht ...
Das mit der Flugangst kann ich absolut nach vollziehen! Ich habe bis dato noch nie in einem Flugzeug gesessen und werde es wohl auch ohne Zwang nicht tun. Der Film beginnt fast romantisch, junge gestresste Frau trifft gutaussehenden Mann, die beiden kommen sich näher und verstehen sich blendend. Keine Anzeichen von Wolken am Horizont. Wes Craven lullt den Zuschauer in einer dicken Soße von Zufriedenheit ein bis er dann im Flugzeug, wenn die Atmosphäre eng und gedrängt ist, die Katze aus dem Sack lässt.
Plötzlich wird das Dauerlächeln Rippners, welcher von Cillian Murphy genauso dämonisch gespielt wird, wie sein Dr. Jonathan Crane in "Batman Begins", zu einem widerlichen Grinsen und die ständig eine Lösung wissende Lisa zu einer in die Ecke gedrängten Frau ohne Ausweg. Die beiden bestreiten den Film fast ganz allein und schaffen es unter der Regie Cravens eine durchgängige Spannung fast von Anfang an zu halten. Viel mehr Personen braucht man also gar nicht, für einen fesselnden Film. In kurzen Szenen noch Brian Cox als Lisas Vater Joe, oder eine ältere Dame, die sich für ein Buch Lisas interessiert.
Solange Craven nur diese wenigen Personen dirigiert, behält der Film Fahrt und Spannung. Nachdem sich das Szenario im letzten Drittel öffnet, das Flugzeug landet und Lisa sich daran macht, zu versuchen zu retten, was zu retten ist, wird es ein wenig lahm. Obwohl es auf der Leinwand hektischer wird. Cillian Murphys Bösartigkeit wird nur noch von einem krächzenden Röcheln getragen und nicht mehr von Mimik und Schauspiel. Die Kopffrau Lisa mutiert zur toughen Kämpferin - das alles wirkt unglaubwürdig und passt nicht mehr so Recht zum Anfang des Streifens.
"Red Eye" beginnt äußerst dicht und spannend und kann das über einen großen Teil der recht kurzen Laufzeit von 85 Minuten halten, verliert sich aber am Ende zu Gunsten von vermeintlich notwendiger Action in der Geschichte. Da können auch die bis dahin sehr überzeugenden Schauspieler nichts mehr rausreißen.