Seit Monaten machen die aufgerissenen Augen von Tom Cruise und Dakota Fanning neugierig auf Steven Spielbergs neuestes Alienfilmchen. Es war der letzte Schultag, Unterricht war keiner, stattdessen ein Eis beim Italiener. Prima, da schaffe ich's ja sogar noch in die 20 Uhr Vorstellung, statt um 23.00 Uhr die Nacht zum Tag zu machen. Bin ich im Büro am nächsten Tag auch nicht so müde ...
Ray Ferrier (Tom Cruise) ist ein mustergültiger Junggeselle. Er arbeitet als Kranführer im Verladehafen, schraubt gerne an seinem Mustang herum - wenn's sein muß auch schon mal in der Küche, hat natürlich kein Essen in selbiger, dafür aber immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. In diese "Idylle" passt nicht so ganz seine bei ihrem neuen Partner lebende Frau Mary (Miranda Otto) und die beiden gemeinsamen Kinder. Der pubertierende Robbie (Justin Chatwin) hält seinen Vater für einen 1a Versager und die kleine Rachel (Dakota Fanning) macht auch nicht gerade Freudensprünge, als sie dieses Wochenende bei Ray verbringen sollen.
Wobei das ein wenig auf Gegenseitigkeit beruht, auch Ray kann sich Lustigeres vorstellen als Baby zu sitten. Als abends dann merkwürdige Blitze den schwarzen Himmel erhellen, hält Ray das zunächst für ein ziemlich witziges Gewitter. Spätestens als er zusammen mit Rachel unter'm Wohnzimmertisch kauert ist jedoch Schluß mit Lustig. Als dann auch noch alle elektrischen Geräte ausfallen, geht Ray in die Stadt um zu sehen, was da passiert. Der riesige, dreibeinige Roboter, der plötzlich die Menge pulverisiert, ist das Letzte was er erwartet hätte ...
Da hat Spielberg 'ne olle Geschichte rausgekramt. 1898 schrieb H.G. Wells ("Die Zeitmaschine") seine Vorstellung von einer feindlichen Übernahme der Erde durch Außerirdische nieder. 1938 sorgte eine Hörspiel von Orson Welles nach dieser Geschichte für eine kleine Panik in New Jersey und New York. Die Zuhörer glaubten allen Ernstes, dass die Marsianer gekommen wären um Tod und Vernichtung zu bringen. Die Verfilmung von 1953 hatte nicht mehr diesen Effekt, war aber für die damalige Zeit ein sehr bedrohliches Stück Science-Fiction.
Nachdem Spielberg in der Vergangenheit mit "E.T." und "Unheimliche Begegnung der dritten Art" nicht ganz so bedrohliche Außerirdische die Erde besuchen ließ, sind die Wesen - wo immer sie nun auch herkommen mögen, die Quelle wird jedenfalls nicht genannt - diesmal von vornherein nicht auf ein versöhnliches Kaffeekränzchen aus. Von Anfang an, wird keine Rücksicht auf Schäden genommen und Tom Cruise wird nach einer kurzen, fast schon hastigen Charaktereinführung sofort ins kalte Wasser geworfen.
Spielberg lässt es von Anfang an konsequent krachen. In düsteren, farblosen Bildern werden die bedrohlichen Gewitter und Maschinen vor ernüchternder Siedlungskulisse gezeigt. Da fand ich das Haus von Ray wirklich sehr deprimierend. Das Ray dabei den ersten Angriff der Tripods überlebt, ist OK ... sonst hätte der Film ja gleich aufhören müssen. Die Bilder werden im Verlauf nicht wesentlich düsterer oder bedrohlicher. Lediglich die Örtlichkeit ändert sich. Cruises Gesichtsausdruck nicht, die kreischenden Schreie Fannings nicht und auch der Dackelblick von Justin Chatwin nicht. Es ändert sich auch nicht, dass die drei aus jeder Fährniss - und das sind einige - nicht mal 'nen Kratzer mitnehmen. Da ist ein eingerissener Holzspan eines Geländers das größte Unglück im Film für die Ferriers.
Und genau das ist es, was mich nach 'ner Dreiviertelstunde schon genervt hat. Es passiert nichts! Bumm, Krach, Blitz. Cruise reißt die Augen auf, schlägt die Hände vor's Gesicht, Fanning kreischt, Chatwin schmollt. Anderer Set: Bumm, Krach, Blitz. Cruise reißt die Augen auf, schlägt die Hände vor's Gesicht, Fanning kreischt, Chatwin schmollt. Nächster Set ... Hallo, Herr Spielberg, kommt noch was? Prinzipiell finde ich es ja gut, dass man als Zuschauer in der gleichen Situation ist wie die Protagonisten. Einfach ins Wasser geworfen, die Familie weiß auch nicht, was da passiert. Das ist natürlich *sehr* unheimlich, verstörend und panikmachend, wenn man in der Situation ist. Aber als Zuschauer möchte man dann doch mal mehr wissen!
Und dieses Verlangen wird leider nicht gestillt. Cruise ist einfach kein ausreichend guter Schauspieler um über die Dauer des Gemetzels seinen Part glaubhaft zu machen. Er wandelt sich im Verlauf vom Egomanen zum sorgenden Vater, allerdings ohne dass dies in irgendeiner Form von ihm gespielt wird. Allein das Drehbuch schreibt ihm die Handlungen vor und Cruise führt sie aus, stoisch wie eins der getricksten Tripods. Da spielt die Göre Fanning ihren Filmvater locker an die Wand - allein mit Gekreische und dann wieder erwachsener, abgeklärter Ruhe.
Apropos Tripods; die Effekte des Films sind gelungen. Nicht bahnbrechend, nicht unerwartet kreativ, aber solide und durchaus "echt". Aber damit lockt man heutzutage ja keinen Zuschauer mehr ins Kino. Elektrische Fensterheber im Auto sind ja auch kein Oberklassemerkmal mehr. Wären da nur die Effekte im Film und der Rest ein bißchen straffer - Tim Robbins, so gerne ich ihn mag, hätte man komplett streichen können - hätte ich mich ganz ausgezeichnet unterhalten. Leider wurde die Zwischen-den-Effekten Zeit mit der Unzulänglichkeit des Hauptdarstellers gefüllt und dessen Plattitüden trugen denn doch dazu bei, dass ich mich einige Mal im Saal umgesehen habe, um zu schauen, was sonst noch so passiert.
Spielberg hatte alles, 'ne prima Vorlage, Neugier beim Zuschauer, bekannte Darsteller und Geld für Effekte. Letzteres hat er routiniert und professionell genutzt, der Rest muß irgendwo noch ungenutzt für den nächsten Film bereit liegen. Wegen der Gesamtoptik und der düsteren Stimmung lohnt der Kinobesuch, wenn man sowieso ein wenig für Alien und SciFi übrig hat. Ansonsten kann man getrost auf die Videothekenauswertung warten ...