Haudrauf und Hauruck sind sicher die ersten Dinge, die einem einfallen, wenn man Vin Diesel hört. Und Mathieu Kassovitz steht seit "Gothika" und "Die purpurnen Flüsse" für leicht verschwurbelte Aktion. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen, wenn man sich einen gemütlichen Abend im Kinosessel machen möchte. Und direkt nach der Arbeit um Viertel nach 6 hat man im Saal auch seine Ruhe vor den sonst in solchen Filmen anwesenden anderen Gästen.
In den osteuropäischen Ländern nach dem großen Zusammenbruch schlägt sich der Söldner Toorop (Vin Diesel) ohne Perspektive in "Neu Serbien" durch's Leben. Zwischen fliegenden Waffenhändlern und Drogendealern haust er in einem Wohnblock, der mit "heruntergekommenen" sehr schmeichelnd beschrieben ist, und hadert mit dem Leben. Als er plötzlich während des Abendessens von bis an die Zähne bewaffneten Paramilitärs gefangenen genommen wird, oder besser 'sich freiwillig in deren Obhut begibt' bekommt er einen Auftrag, der alles ändern wird und ihm sein altes Leben verspricht. Der superreiche Gangsterboss Gorsky (Gérard Depardieu) beauftragt ihn, die junge Aurora (Mélanie Thierry) aus einem Kloster in der Nähe nach New York zu bringen. Keine Fragen, keine Lügen. Als Bezahlung winken hunderttausende von Dollar und eine neue Identität, mit der er trotz der nach ihm ausgerufenen Fahndung im intakten Amerika leben kann.
Toorop wird zum Kloster geflogen und trifft dort Schwester Rebecca (Michelle Yeoh), die nicht von Auroras Seite weichen wird und die beiden nach New York begleitet. Das Trio macht sich auf den Weg. Über Wladiwostok und die Beringstraße erreichen sie Alaska, merken aber bereits unterwegs, dass nicht nur Gorsky ein Interesse an Aurora hat. Toorob dämmert, dass er sich auf etwas Größeres eingelassen hat, als ihm lieb ist ...
Geht gut los, was Kassovitz da inszeniert hat. Vin Diesel streift durch ein "Mad-Max"-artiges Umfeld und macht einem Händler deutlich, was er von dessen Ware hält und kümmert sich danach um sein Essen. In dieser kleinen Sequenz ist dem Zuschauer ohne viele Worte klar, wie es um die Welt steht, was für Menschen da draußen sind und wie Toorob positioniert ist.
Der Film ist in dunklen Farben gehalten, die den ungemütlichen Eindruck des kaputten Osteuropas nur verstärken. Auch im weiteren Verlauf hat man als Zuschauer immer das Gefühl, es müsste eisig sein auf der Welt. Und das nicht nur, weil es in der Beringstraße naturgemäß nicht tropisch warm ist. Die Optik hat mir jedenfalls sehr gut gefallen. Lediglich in Discotheken scheinen sich Filmschaffende etwas zu verzetteln. Das mit Käfigkampf ... naja, was soll sowas in einer Disco. Außerdem war es viel zu hektisch geschnitten - wenn nicht sogar ein paar Einstellungen komplett der Schere zum Opfer gefallen sind. Was das in einer ab 18 freigegebenen Vorstellung soll, weiß ich wirklich nicht.
Überhaupt ist Logik nicht ganz das Metier dieses Films. Da taucht ein U-Boot durch eine geschlossene Eisdecke auf - so weit so gut - aber vor Wladiwostok? Und warum kaspert Toorob überhaupt so weit südlich rum, wenn er dann mit dem U-Boot zur Beeringstraße hoch fährt, um mit einem Schneemobil nach Alaska einzureisen. So ein Mobil hätte ich auch ganz gerne, mit dem ich ohne zu tanken mal eben von Ostasien durch Alaska nach Kanada hineinfahren kann. Das er dabei die unglaublichsten Verletzungen mit 'nem Stofffetzen und etwas Spucke überlebt, ist sowieso klar.
Ab diesem Zeitpunkt hat sich dann auch was mit Mad Max und Endzeit. Heile Welt auf dem amerikanischen Kontinent, lediglich die allzu religiös gefärbten Hintergründe der Story beginnen sauer aufzustoßen. Da wird geklont und genexperimentiert und der Grund bleibt im Dunkeln versteckt. Und das alles im Auftrag einer Sekte, die offensichtlich selbst nicht so Recht weiß, an was sie glaubt. So richtig verstanden habe ich den Sinn der Sache nicht. Als dann begonnen wurde, Körperteile hin und her zu tauschen hörte meine Bereitschaft der Handlung folgen zu wollen endgültig auf. Zurücklehnen und angucken was da vorbei flimmert.
Vielleicht hätte ich das früher machen sollen und mich nur an den zahlreichen Gimmicks erfreuen sollen, die Kassovitz ganz nebensächlich in die Geschichte eingebaut hat. Rundummonitore in Gorskys gepanzertem Wagen, die mit Nachtsichtgeräten einen Panoramablick erzeugen oder das Google-TV, welches auf allen möglichen Monitoren flimmert. Die Ausstattung des Films ist sehr gelungen. Die Darsteller mühen sich, gehen in dem Spektakel aber größtenteils unter. Nicht zuletzt Vin Diesel beweist wieder einmal, dass er außer Riddick nichts glaubhaft verkörpern kann. Michelle Yeo und Gerard Depardieu geben sich redlich Mühe, haben aber viel zu wenig Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen.
Dazu kommt noch die erschreckend hanebüchene Geschichte, die mich wirklich nicht fesseln konnte und im letzten Drittel sogar geärgert hat. Inwieweit das an Schnitten, an der Inszenierung Kassovitz' oder an der Romanvorlage Dantecs liegt, vermag ich mangels Kenntnis derselben nicht zu sagen. Der Film war diesbezüglich jedenfalls ganz, ganz mau! Ich hatte mir wesentlich mehr versprochen. Von allem! Mehr Action, mehr Story und mehr Engagement. So ist der Film zwar ein optischer Leckerbissen, verspielt aber vor allen Dingen am Ende alle Symphatien. Da gucke ich lieber noch mal "Mad Max I + II" oder "Die Klapperschlange"!