Als Mischung aus „Nachtgestalten“ und „Tatsächlich… Liebe“ entpuppt sich das Filmdebüt von Johannes Brunner, mitsamt deren Vorzügen und ein wenig auch mitsamt deren kleineren Mängeln. Es handelt sich um einen schönen Episodenfilm, der nebenbei die optischen Highlights der „Wiesn“ von 2004 einfängt.
Kellnerin Birgit schwankt zwischen Routine und Aufbruchsstimmung, zwischen ihrem Mann und einem farbigen Kollegen. Besucher Richard muss sich als Vater beweisen und sich zwischen seinen Kindern und seiner Geliebten entscheiden. Ein japanisches Pärchen auf Hochzeitsreise wird voneinander in den Wirren der Wiesn getrennt. Zwei Freundinnen zanken um den gleichen Mann. Ein Rollstuhlfahrer erschreckt die Polizei mit mysteriösen Anrufen. Eine Geisterbahnbesitzerin muss an die Zukunft denken.
Ein wenig mischen sich die Stories, wenn die Beteiligten die Geschichte des anderen zu der eigenen machen. Allen Geschichten ist gemeinsam, dass sie ziemlich offen bleiben. Das ist manchmal etwas frustrierend, aber konsequent. Angekündigt ist der Film als Komödie. Großer Lacher bleiben allerdings aus, waren aber sicher kaum beabsichtigt. „Nachtgestalten“ war lustiger, „Tatsächlich… Liebe“ war herziger - aber die Mischung bewegt einiges. Erwähnenswert ist noch, dass viele echte Oktoberfest-Besucher die Schauspieler ebenfalls für echt hielten und die eine oder andere Mass bestellen wollten… so hielten also authentische „Wiesn“-Gäste ungefragt als Komparsen her.
Jede Figur ist im Kosmos der eigenen Sorgen und Nöte gefangen, wie in einer fixen Idee, aber das kommt ordentlich rüber. Schön gelungen ist eine Geisterbahnfahrt, die etwas an „The Machinist“ erinnert. Sämtliche Klischees der „Wiesn“ bleiben nicht unerwähnt, vom Thema „Erste Hilfe“ über das Lebkuchenherz bis zum Geschunkel im Bierzelt.
Schauspielerisch ragt eigentlich niemand hervor, ob positiv oder negativ. Nicht immer ist der rote Faden zu sehen. Musikalisch gibt es Original-„Wiesn“-Musik zu verzeichnen. Wer die „Wiesn“ und den nachdenklichen Einschlag von Episodenfilmen schätzt, ist hier gut aufgehoben.
8 von 10
www.olaf-materne.de.vuDiese Kritik ist die Meinung von O. Materne.