Kein Subgenre des Horror hat wohl so lange tief und selig geschlummert wie das der wandelndem Mumie. Abgesehen von dem albernen Zombie-Abklatsch "Dawn of the mummy" von 1980 war der Pharaonenhorror jahrzehntelang in den Drehbuchschubladen Hollywoods verschwunden. Lange Jahre schob man in den Chefetagen der Studios Überlegungen zu einer Reaktivierung ohne Ergebnis vor sich her. Allzu übermächtig lagen auf den Plänen zur Wiederbelebung der Mumie noch die Schatten von Boris Karloff und Christopher Lee, die dieser Schreckensgestalt des klassischen Gruselfilms 1933 und 1959 mit versteinertem Antlitz und glühenden Augen unverwechselbare Züge einbrannten. Verschiedene mehr oder weniger blutige Variationen wurden angedacht, als Regisseur waren so versierte Horrorspezialisten wie Wes Craven, Clive Barker und sogar George A. Romero im Gespräch. Stephen Sommers machte es dann anno 1999 völlig anders: Ganz gegen den vor zwei Jahren noch hochaktuellen Trend des ernsthaften Horror-Revivals schuf er mit "Die Mumie" keine technisch aufgemotzte, aber dem Geist der Klassiker verhaftete Neuauflage eines klassischen Gruselstoffes (womit Jan de Bont im "Geisterschloss" ja so fürchterlich baden ging), sondern veranstaltete mit dem ägyptischen Mullbinden-Widergänger eine respektlose, klamaukige Achterbahnfahrt der Effekte und der Popcorn-Gags. Der gewaltige Kassenerfolg machte eine Fortsetzung unvermeidlich, und nun rüstet sich der finstere Hohepriester Imhotep ein zweites Mal zur Eroberung der Welt. Und Stephen Sommers geht nach dem ehernsten Gesetz aller Sequels vor: Höher, schneller, weiter! Prügelte man sich im ersten Teil noch vornehmlich in unterirdischen Grabkammern mit einigen mumifizierten oder skelettierten Unholden herum, so werden jetzt komplette Armeen der irrwitzigsten Fabelwesen losgelassen, und es geht um nichts Geringeres als das Ende der bekannten zivilisierten Welt. Dass weniger bisweilen mehr sein kann - geschenkt! Hier wird nicht gekleckert, sondern mit Special-Effects geklotzt, dass die Wüste wackelt. Da ist von dem schelmischen Trash-Feeling des Vorgängers nicht mehr viel zu übrig: Kein stakkatoartig, im Stil von Ray Harryhausen animiertes Säbelballett lädt da zum Mitschmunzeln ein, stattdessen marschieren gewaltige Heerscharen von Menschen und Monstern durch den Wüstensand. . Die Besetzung hat gegenüber Teil eins nicht gewechselt: Fremdenlegionär O'Connell (Brendan Fraser) und Archäologin Evelyn (Rachel Weisz) ist trotz zehnjähriger Ehe die Abenteuerlust nicht vergangen. Sohnemann Alex (Freddie Boath) ist ganz nach den Eltern geraten und darf stets nach dem stereotypen Hinter-dieser-Tür-könnte-der-Tod-lauern-ach-egal-Schema in jedes noch so kuriose Schlamassel marschieren. Ihnen zur Seite steht die gleiche Equipe skurriler Comicfiguren wie vor zwei Jahren. Die Schurkenfront neben dem wegen Pharaonenmordes nach wie vor vergleichsweise ruhelosen Imhotep (Arnold Vosloo) verstärken diesmal der vor Testosteron schier überquellende König der Skorpione (Wrestler Dwayne Johnsson), ein bösartiger Museums-Kurator (nanu, doch nicht etwa Hannibal Lector?) und - vor allen anderen - die betörende Patricia Velasquez in der Rolle von Imhoteps Geliebter Meela. Diesmal kommt es dem knochentrockenen Gruselgesell nach überraschender Wiedererweckung im altehrwürdigen Britischen Museum zu London in den Sinn, sich die Welt mit den Heerscharen des ebenfalls zufällig gerade auferstandenen Skorpionkönigs untertan zu machen. Und O'Connell, Evelyn & Company haben wieder einmal alle Hände voll zu tun, selbige vor dem Mullbinden-Unhold zu retten. Es gilt- an die Bandagen! Menschen, Tiere, Sensationen: "Die Mumie kehrt zurück" ist pures, bombastisches Popcornkino, eine Special-Effects-Orgie im Schwarzenegger-Format. Viel mehr noch als der Vorgänger setzt der Film auf den Kitzel des optischen Effekts, zielt bewusst auf die Reizüberflutung des Zuschauers. Stephen Sommers hat keinen selbstironischen Gruselspaß wie beim ersten Teil gedreht, sondern ohrenbetäubendes, gewitterartiges Krawallkino. Und wieder wird geklaut, was die Schaufeln halten: Von "Antonius und Cleopatra" bis zu "Jurassic Park" reichen die Verweise. Dabei wird so manche sympathische Idee vom optischen und akustischen Overkill der Effekte unter sich begraben. |
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Diese Kritik ist die Meinung von Johannes Pietsch.