Patchwork-Film mit alternativen Realitätsverläufen
Selten aber wahr: Lynch liefert zwar einen gehörig fragmentierten Patchwork-Film, aber dieser ist inhaltlich selten so klar gewesen, wie in diesem Fall. Hie und da verliert er sich zwar kräftig in Details, das auch die Länge des Films rechtfertigt, doch der Plot ist durchschaubar:
Eine neu hinzugezogene Nachbarin (Grace Zabriskie) kommt bei Nikki (Laura Dern) zu Besuch, um sich vorzustellen. Doch das Gespräch läuft schnell aus dem Ruder und sie zeigt Nikki die Ereignisse des kommenden Tages. Nikki steigert sich in die Bilder der Zukunft hinein und erlebt sie unmittelbar. Dort erhält sie nämlich als Schauspielerin eine Rolle in einem Film. Als die Dreharbeiten beginnen, wird ihr mitgeteilt, dass das Drehbuch auf einer verfluchten Geschichte basiere und bereits die beiden vorherigen Schauspieler daran gestorben seien. Sie wagt es trotzdem.
Bei weiteren Dreharbeiten beginnt sie ihr Schauspieler-Selbst mit der Rolle zu verwechseln. Doch dem nicht genug, sie beginnt plötzlich auch die Kulisse und die Kameras zu vergessen und verliert sich immer mehr in der Rolle. Parallel tauchen dann Sequenzen von dem erwähnten, verstorbenen Schauspieler-Paar auf, aber auch Sprünge in die Vergangenheit werden dargestellt. Durch die Präsentation der fragmentierten Sequenzen, verliert man hin und wieder den Faden, aber der Plot bleibt aufrecht, selbst wenn plötzlich Menschen mit Hasenköpfen über den Bildschirm schleichen und ein groteskes Alltagsleben mit lachendem Publikum einspielen; eine Art Metaebene aus der Perspektive des überdimensionalen Beobachters.
Die Symbolik und teilweise gruseligen, mit bedrohlicher Musik untermalten Szenen, bauen einen beinahe unerträglichen Spannungsbogen auf, der sich dann wieder abrupt verliert. Während die Hauptdarstellerin zwischen den Ebenen hin- und herspringt, verliert sie sich immer mehr darin und entdeckt dabei ihr inneres Königreich, das aus vielen Selbsten besteht.
Fazit: langatmig aber sehenswert
Jonathan Dilas, www.jonathan-dilas.de