Zur Zeit beherrscht Ridley Scotts „Hannibal“ mit seiner angeblich so bahnbrechenden Gewaltdarstellung die Feuilleton-Schlagzeilen. Der vermeintliche Skandal um das (in Wahrheit völlig harmlose) „Lämmer“-Sequel wirkt jedoch wie ein lauer Windhauch, verglichen mit dem Orkan, den ein anderer Film vor 28 Jahren auslöste: William Friedkins „Exorzist“ erregte 1973 mehr Kirchen-Obere und Moral-Apostel als je ein Film zuvor. Jetzt kommt der Urvater aller Horrorfilme über dämonische Besessenheit in restaurierter Fassung wieder in die Kinos.

Es ist vor allem die superbe Tonspur, die dem Film seine bedrückende Atmosphäre verleiht und deren Wirkung in der digital bearbeiteten Neufassung noch intensiviert wurde. Das Crescendo verstörender Drohgeräusche steigert sich bis zur finalen Auseinandersetzung zwischen den beiden Jesuitenpatres und dem Dämon Pazuzu, wobei akustisch auf eine jahrhundertealte Tradition der katholischen Kirche zurückgegriffen wird: Die sogenannte „Demutspfeife“ der Orgel, die über das Zwerchfell ein Gefühl nervöser Unruhe erzeugt. An neuen Szenen gibt es unter anderem eine spinnenartig auf dem Rücken rennende Linda Blair zu sehen.

Auch wenn „Der Exorzist“ bis heute einen Meilenstein des Horrorkinos darstellt, so treffen seine Tabubrüchen auf ein inzwischen gänzlich anders vorkonditioniertes Publikum. 1973 schockierte Linda Blair als besessener Teenager, der grüne Erbsensuppe und vulgäre Kraftausdrücke spuckte, die Welt. Als „teuflische Parodie der Imitatio Christi“ bezeichnete der Kunstwissenschaftler Hans D. Baumann das in der Haltung des Gekreuzigten schwebende Mädchen. Heutzutage dürften sich durch „Big Brother“ und TV-Talk abgestumpfte Medien-Konsumenten kaum noch über derartige Darstellungen aufregen.