Ach ja, die Traumpaare: Haakon und Mette Marit, Steffi und André, Heino und Hannelore, Prinz Alex und Lilly, Siegfried und Roy, Dieter Bohlen und Thomas Anders - ohne sie und die farbenprächtige Hochglanz-Vermarktung ihres privaten Liebes- und Skandallebens wäre das im Schnitt drei bis vierstündige Ausharren im Wartezimmer eines handelsüblichen Augenarztes kaum zu ertragen. Hollywood pflegt seit Humphrey Bogart und Lauren Bacall einen besonderen Umgang mit seinen gemischten Doppels: Vor allem Elisabeth Taylor und Richard Burton illustrieren mit der Chronik ihrer Beziehungskriege den kommerziellen Umgang der Traumfabrik mit dem privaten Skandalon seiner Stars. Jetzt hat sich Regisseur Joe Roth mit "America's Sweethearts" auf ebenso bissige wie romantische Weise der Hollywood-Traumpaare angenommen. Catherine Zeta-Jones und John Cusack spielen das Darsteller- und Ehe-Duo Gwen Harrison und Eddie Thomas, das nach neun gemeinsamen Filme privat getrennte Wege geht. Seitdem sind die Karrieren der beiden im Steilflug abwärts begriffen: Die verwöhnte und überkandidelte Gwen dreht seit der Trennung nur noch Schrott, wofür sie regelmäßig in Fernseh-Talkshows förmlich massakriert wird. Dafür lässt sie sich in ihrer Freizeit von einem feurigen, aber schwer minderbemittelten Latin Lover (Hank Azaria) trösten, während ihre Schwester und Assistentin Kiki (Julia Roberts als leicht verhuschtes kleines Dummchen) regelmäßig die Scherben hinter ihr beseitigen muss. Ehemann Eddie hat der Split derart getroffen, dass er sich ein halbes Jahr in ein New-Age-Therapiezentrum zurückgezogen hat. Der Trubel beginnt, als der finanziell schwer angeschlagener Studioboss Dave Kingman (Stanley Tucci) die beiden für die Pressevorstellung ihres zehnten und letzten Films "Time after Time" unbedingt wieder zusammenbringen will. Ausgerechnet der abgetakelte PR-Chef Lee (Billy Chrystal) sowie die von Gwen gnadenlos herumgeschuppste und tyrannisierte Kiki sollen als agents d'amour das Kunststück vollbringen, die Öffentlichkeit zumindestens glauben zu lassen, Gwen und Eddie seien wieder tete a tete. Doch es kommt, wie es kommen muss: Der vor lauter Neurosen an Erd und Sternenzelt zweifelnde Eddie verliebt sich in Kiki, von der er ohnehin seit Jahren angehimmelt wird, ohne sie jedoch bislang wahrgenommen zu haben, und hat auf einmal ganz andere Probleme als einen PR-Termin inklusive gehässiger Pressemeute. Und dass die Filmpremiere alles andere als wie erwartet verlaufen wird, dafür garantiert der exzentrische Regisseur Hal Weidmann (Christopher Walken). Es sind vor allem die Darsteller, in Haupt- wie in Nebenrollen, die "America's Sweethearts" die humoristischen Glanzpunkte aufzusetzen. Während die entfesselt aufspielende Zeta-Jones als manierierte, ebenso herrische wie launische und schwer egozentrische Diva ein wunderbares Liz-Taylor-Adäquat abgibt, zieht sich Julia Roberts als liebenswerte, gutmütige graue Maus in der ersten Hälfte des Films bewusst auf die zweite Geige zurück, um sich später scheinbar schwerelos in den romantischen Mittelpunkt des Geschehens zu spielen. Und zeigt dabei ungewöhnlichen Mut zur Hässlichkeit, wenn sie - wenn auch nur in Rückblenden - um 15 Kilogramm dicker gezeigt wird. John Cusack braucht seine Rolle als trauriger Clown aus "Turbulenzen und andere Katastrophen" nur geringfügig zu variieren, dazu gibt Billy Chrystal (der ja in "Harry und Sally" seine eigene Erfahrungen als Part eines Traumpaars sammelte) als desillusionierter und ausgebrannter PR-Chef einen eher kommentierenden Part ab. Während dieses darstellerische Viergestirn überwiegend den romantischen Screwball-Comedy-Anteil von "American Sweethearts" trägt, widmen sich die Nebendarsteller vor allem der satirischen Breitseite gegen die Traumfabrik: Stanley Tucci darf als hysterisch-überdrehter Studioboss mit permanentem Risiko zum Stimmüberschlag durchs Bild kaspern, Alan Arkin gibt als hochdotierter High-Society-New-Age-Wellness-Oberguru selten behämmerte Lebensweisheiten von sich, und die Filmpresse präsentiert sich als Haufen degenerierter, charakterloser Schnaps- und Kaviarkonsumenten. Die Krone setzt dem ganzen Christopher Walken als komplett durchgeknallter Genie-Regisseur Hal Weidmann auf, der verfilzt, unrasiert und langmähnig eine wunderbare Stanley-Kubrick-Persiflage abgibt und natürlich rein zufällig mit Vornamen genauso heißt wie der Bordcomputer der "Discovery" aus "2001". Zum Schreien komisch sind auch die Film-im-Film-Ausschnitte der neun fiktiven Hollywood-Knüller, die das Hauptdarsteller-Paar Gwen und Eddie stets kurz vor dem jeweiligen Happy-End abgrundtief belanglose Dialogsätze aufsagen lassen. Dramaturgisch hält Regisseur Joe Roth allerdings das anfangs eingeschlagene Tempo nicht durch und kann "America's Sweethearts" weder als Romantikkomödie noch als Hollywood-Satire konsequent zu Ende bringen. Hier zeigt sich die 11jährige Abstinenz vom Regiestuhl: Zu uninspiriert und vorhersehbar ist der Ausgang des Aschenputtel-Plots, und beim Thema "Was Sie schon immer über Hollywood wissen wollten ..." versanden so mache Pointen im trüben Sumpf des flachen Kalauers. Interessant sind die Parallelen der Darsteller zur Realität: Catherine Zeta-Jones ging mit dem noch populäreren Michael Douglas tatsächlich eine Promi-Ehe ein, und während Julia Roberts als Oscar-prämierter Stern am Hollywood-Firmament ihre Bahn zieht, muss sich ihr rechtschaffener und talentierter Bruder Eric Roberts mit Nebenrollen in viertklassigen Videoproduktionen begnügen. |
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Diese Kritik ist die Meinung von Johannes Pietsch.