Wer alte Filme liebt, weiß, dass das Amerika der 40er Jahre eine schwarzweiß gefilmte, hochelegante Einöde ist, in der echte Männer Bogart-like mit der selben Teilnahmslosigkeit morden, Fälle lösen oder Blondinen lieben, wie sie in ihren doppelten Martini stieren. Nur eins haben die Filmemacher der Epoche übersehen: Was könnte diese geschwätzige oder verschwiegene Teilnahms-losigkeit besser verkörpern, als ein Frisör? Schließen wir diese Lücke, und lassen wir einen Scherenklapperer ein wenig kriminell werden. Das dachten sich jedenfalls die berühmt-berüchtigten Coen-Brüder und erzählen die Geschichte des Mannes, der gar nicht da war. Kongenial verkörptert durch Billy Bob Thornton (der dieses Jahr bereits in "Banditen" neben Bruce Willis brillierte) ist Ed Crane dieser Frisör, der teilnahmslos hinter den Köpfen seiner Kunden werkelt, kaum ein Wort sagt und eine Zigarette nach der anderen raucht - im Salon wie im faden Eigenheim mit Durchschnittsblondine (wieder hervorragend: Frances McDor-mand). Wie es sich für einen Protagonisten des Film Noir und einen Mann mit dem Namen Ed Crane gehört, gerät er auf die Schiefe Bahn, als er seinen besten Freund erpresst, um an das Geld für eine neue Existenz zu kommen. Es wäre kein Coen-Film, würde die Situation nicht bis ins groteskte eskalieren, gäbe es nicht immer weitere überraschende Wendungen und einen haarsträubenden Schluss. Es wäre kein Coen-Film, würde alles dieses nicht mit einem überaus trockenen Humor und der Coen-eigenen Lakonik erzählt. Und doch ist "The man who wasn't there" kein Coen-Film oder besser gesagt - wird er die Fans milde enttäuschen. Denn trotz der ausgezeichneten und überraschen-den Story, trotz der einfallsreichen Regie und der ausgezeichneten Darsteller, weist der Film doch einige Längen auf und zieht sich insgesamt über ein erträgliches Maß hinaus. Das vermögen auch gelegentliche Überraschungen nicht zu verhindern, im Gegenteil, die interessanten Wendungen dümpeln dieses Mal wie alte Fässer in einem Fluss dahin. Der Film kreiert seinen eigenen Stil, und zu diesem Stil passt leider so manches nicht, wofür die Coens früher hoch gelobt wurden und was mal wieder vorkommt - die Coens verschulden hier ihren eigenen Stilbruch. So ist "The man who wasn't there" eine gute Persiflage auf den Film noir und ein vorzüglich gespieltes wie gefilmtes Experiment - aber kein guter Film. USA 2001, 116 min mit Billy Bob Thornton, Frances McDormand, James Gandolfini, Jon Polito, Michael Badalucco, Katherine Borowitz Regie: Joel Coen. |
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Diese Kritik ist die Meinung von Enno Park.