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Kino - dafür werden Filme gemacht

Die 9 Leben des Thomas Katz

18. Mär 2001, Cinenova, Leipzig

Kritik von Enno Park

Sommer 1999, die Eklipse taucht die Welt in ihr kaltes Licht und Tomas Katz alias "No" ist als moderne, expressionistische Variante des "Geistes der stets verneint" unterwegs, um die Welt ihrem Ende zuzuführen. Und zwar indem er das Zentrum des Universums auslöscht: London. Gleich an der M25, beginnend in der Nähe von Wimbledon.

Tomas Katz braucht seine neun Leben in kurzer Zeit auf. Einem Erdloch entstiegen, das von einem Mülltonnendeckel bedeckt wird, entert er zunächst ein Taxi und dann die Seele des Taxifahrers, um mit ihm die Rollen zu tauschen. Kurze Zeit später wird er zum mächtigsten Mann der Welt – dem Chef der Londoner U-Bahn-Betriebe, die er für neue Zwecke umbaut: eine direkte Shuttle-Verbinung ins Jenseits. Das Armageddon erfordert jedoch weitere Vorbereitungen, so wird er Agrarminister und erklärt als solcher dem Gwupigrubynudnyland den Krieg. Als debilder Rentner lässt er sich das gesamte britische Staatsvermögen in bar auszahlen, wodurch das Pfund Sterling jäh an den Geldmärkten abstürzt und einen negativen Wert annimmt.

Zuletzt wird er zu Gottes Assistenten. Gott ist hier ein in langen Linien der Inzucht degenerierter Halbgott namens Dave, der die Welt über eine Unzahl von Überwachungskameras im Auge behält, um lediglich festzustellen, dass ihm jene drei Schornsteine dort schon immer gut gefallen haben. Einen solchen Volltrottel muss man nicht lange überzeugen, um das Weltende einzuleiten.

Einen Gegenspieler gibt es natürlich auch: Der blinde Londoner Polizeichef, der bevorzugt mit spiritistischen Methoden ermittelt, und auf diese Weise tatsächlich auf den Grund der Dinge stößt.

"Die 9 Leben des Thomas Katz" ist ein verquerer und sperriger Experimentalfilm, der mit surrealistischen Ideen arbeitet. London wird auf expressionistische Weise in harten Schwarzweißbildern festgehalten. Die Situationen ufern immer wieder in skurrile Komik aus, wenn die Polizei z.B. ein beunruhigend erhöhtes Sprachaufkommen in Potters Bar meldet oder das Gerücht einer Fensterverschwörung die Runde macht (die Fenster haben es leid, ständig von uns Menschen angeglotzt zu werden).

Erwähnenswert sind auch die Stummfilmsequenzen, die in jeder Hinsicht echt aussehen und wohl wirklich mit antikem Gerät gedereht wurden. Hier wird der skurrile Humor auf die Spitze getrieben, wenn in völlig anachronistischen Dialogtafeln mitzulesen ist, dass ein weinender Junge traurig über den Tod seines einzigen Freundes ist – eines Tamagotchi.

Bei aller Ambition hinterlässt "Tomas Katz" einen faden Nachgeschmack. Die skurrilen schwarzhumorigen Einfälle reichen auf der einen Seite nicht, um den Film episodenhaft durch ein Gagfeuerwerk im Monty-Python-Stil zu retten. Die expressionistisch bedrohlichen Untergangsszenarien und das einsetzende Chaos sind auf der anderen Seite nicht wirklich bedrohlich oder verstörend, schon deshalb, weil sie oft genug ins Lächerliche gezogen werden. Und da der Film gänzlich mit so ziemlich allen bekannten Erzählkonventionen des Kinos bricht, ist er allenfalls ein interessant anzuschauendes Experiment für Cineasten. Denen dürfte dann aber auch wirklich sehr gefallen, was sie zu sehen bekommen.

Großbritannien/Deutschland, 87 min
mit Tom Fisher, Ian McNeice, Tim Barlow,
Regie Ben Hopkins

Homepage: www.tomaskatz.de


Diese Kritik ist die Meinung von Enno Park.

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